Was ein gutes CRM-System ausmacht

Von Andreas Goertz

Für ein effizientes Kundenbeziehungsmanagment (CRM) ist ein spezialisiertes System nötig. Ob dies selber betrieben oder nur als Service gemietet werden soll, hängt von der eigenen Situation ab. Ein integriertes, eigenes System lässt sich in jeden Fall besser und einfacher in das ERP-System integrieren


Software für Kunden-Beziehungs-Management ist ein Instrument, das uns in der Tagesarbeit bei allen Interaktionen mit bestehenden und möglichen Kunden unterstützt. Der Kern ist immer eine Adressdatenbank (mit Firmen und Personen) und die Grundfunktion besteht darin, Notizen, Termine, Aufgaben und Dokumente diesen Adressen zuzuordnen. Einer der daraus resultierenden Nutzen ist, dass wir anschliessend aus verschiedenen Blickwinkeln auf die zugeordneten Informationen zugreifen können.


Die Buchaltung kann vieles nicht

Was macht nun ein gutes CRM-System aus? Erst einmal könnten wir uns auf den Standpunkt stellen, dass es ja bereits (meistens) eine zentrale Adressdatenbank gibt, nämlich im Rechnungs- beziehungsweise Buchhaltungsprogramm oder in der Warenwirtschaft. Die dort bestehenden Datenstrukturen erlauben es aber oft nicht, die Adressdaten wirklich so abzubilden, wie man sie nachher im Sinn eines CRM Systems braucht:


  • Gibt es zum Beispiel überhaupt die Möglichkeit, zu den Firmenadressen gehörende Personen zu speichern oder nur einzelne Personen ohne Firma?
  • Können diese mehrere oder von der Firma abweichende Adressen haben (Home-Office, Privatanschrift)?
  • Gibt es ausreichende Kriterien für sinnvolle Selektionen (Weihnachtskarte, Geschenk, Interesse, Funktion, Geburtsdatum)? Können zusätzliche Informationen gespeichert und wieder gefunden werden (E-Mail, Mobiltelefon)?

Die nächste Frage, die sich stellt, ist die, ob die für die Pflege und Konsistenz der Daten im ERP-System Verantwortlichen es zulassen, dass auch weitere Mitarbeiter in diesen Daten Änderungen machen, neue Adressen anlegen oder Löschungen vornehmen.


Wenn die zentrale Adressdatenbank auch mobilen Benutzern verfügbar gemacht werden soll, besteht zudem oft die Notwendigkeit, die Nutzung des CRM auch offline zuzulassen, das heisst ohne Verbindung zur zentralen Datenbank. Hierfür muss das System über einen entsprechend ausgelegten Client verfügen, der dem Laptop-Benutzer alle notwendigen Funktionen und Daten zur Verfügung stellt und diese mit der Zentrale synchronisiert. Darauf sind Rechnungs- und Buchhaltungsprogramme meist nicht ausgelegt.


Ein Ort für alle Informationen

Nun kommt noch die Frage, welche Adressen überhaupt in die Datenbank sollen. Und die Antwort lautet: alle! Also nicht nur Kunden sondern auch Lieferanten, Interessenten, Kooperationspartner, Händler, Vertreter, Mitarbeiter und eben Alles, was als Firma oder Person identifizierbar ist. Denn eins sollte klar sein: wenn ich eine Telefonnummer, eine Adresse, ein E-Mail oder ein Dokument in einem bestimmten Zusammenhang (Projekt, Auftrag, Installation, Releasestand) suche, muss ich dies an einem einizgen Ort tun können - im CRM-System.


Um im Bedarfsfall nur an einer Stelle suchen zu müssen, ist eine wichtige Voraussetzung zu erfüllen: Alle Informationen werden im oder über das CRM-System kontext- und kontaktbezogen abgelegt. Nur so findet jeder Mitarbeitende alle Informationen schnell wieder, egal ob er sie selbst abgelegt hat oder dies durch einen Kollegen oder das System erledigt wurde. Nur mit vollständigen und konsistenten Daten erreichen wir (über den Nutzen für interne und externe Personen) die nötige Akzeptanz des Systems und die Bereitschaft, darin auch alle relevanten Informationen abzulegen.


Bedingungen für die Integration

Bei einem Vorhaben, CRM-Funktionalität in ein ERP-System zu integrieren, müssen im Vorfeld weitere Anforderungen bekannt sein und wichtige Fragen geklärt werden. Die Integration in die Office-Welt muss für die operative Nutzung des Gesamtsystems reibungslos funktionieren:


  • Welche Anforderungen gibt es, Verbindungen zu Word, Excel & Co. herzustellen?
  • Wie kann ich also einen Brief aus einer Adresse heraus erstellen?
  • Sind neu erstellte Einzeldokumente bereits automatisch mit der Firma, der Person, dem Projekt etc. verknüpft?
  • Kann ich auch aus der CRM-Anwendung heraus direkt Serienbriefe erstellen?
  • Geht das auch mit E-Mails?
  • Sind auch Seriendokumente und E-Mails ebenfalls mit den Kontakten verknüpft?

Dieselben Anforderungen und Fragen spielen bei der Integration von CRM-Systemen in die weitere Kommunikationssoftware wie E-Mail-Clients, E-Mail-Server, Fax-Software und Unified Messaging zu.


In der Praxis haben sich im nennenswerten Umfang eigenständige CRM-Systeme mit einer eigenen Datenbank bewährt und im Markt durchgesetzt, denn Funktionalität, Bedienungskomfort, und Struktur von ERP-Systemen genügen den operativen Anforderungen der Mitarbeiter im Marketing, Vertrieb und im Service oft nicht.


Daher steht neben der Evaluation eines „Allroundsystems“ das sowohl ERP als auch CRM „beherrscht“, im Projekt immer auch die Frage der Integration in andere Systeme im Vordergrund. Die Integration mit Office ist in der Regel gegeben, gehört also zur Grundfunktionalität. Die Art und Weise, wie diese Integration gelöst ist und die sich daraus ergebende Bedienung, kann aber von System zu System sehr variieren und ist nicht immer wirklich einfach und benutzerfreundlich gelöst. Auch solche „Standardfunktionen“ müssen deshalb bei der Evaluierung oder der Entwicklung im Detail angeschaut werden.


Die Integration zu ERP-Systemen kann zudem je nach Anforderungen sehr unterschiedliche Ausprägungen haben. Es gibt beispielsweise unterschiedliche Arten des Zugriffs; Zugriff auf Datenbankebene oder auf Applikationsebene. Auch die Art, wie Daten integriert werden, kann sich unterscheiden; reine Anzeige von Daten oder doppelte Speicherung (mit gewollter Redundanz) oder Direktzugriff (ohne Redundanz).


Wenn ich zum Beispiel nur sehen will, was ein Kunde gekauft hat, oder ob es noch offene Rechnungen gibt, könnte dies durch dynamischen Zugriff auf diese Daten erfolgen oder auf im Batchverfahren bereit gestellte Daten. In anderen Fällen ist ein Datenaustausch zwischen Systemen notwendig, um beispielsweise Aktualisierungen vorzunehmen. Bei allen Schnittstellen und besonders auf Datenebene ist jedoch immer zu bedenken, dass bei gravierenden Änderungen der beteiligten Systeme gegebenenfalls Anpassungen vorgenommen werden müssen.



Mieten oder doch besser kaufen

Wo kommt das CRM-System zum Einsatz? Zurzeit sind die Schlagwort "on demand" oder Software as a Service (SaaS) populär und das hören von Musik oder das ansehen von Filmen auf Abruf ist in Mode gekommen. Software ohne eigene Installation auf entfernten Rechnern zu nutzen ist jedoch ein alter Hut. Als EDV-Anlagen noch Millionen kosteten, konnte ein kleines oder mittelgrosses Unternehmen unter wirtschaftlichen Aspekten nur die Dienste eines Rechenzentrums nutzen. Eigene Anlagen waren zu teuer. Wurden seinerzeit Datenträger noch physisch hin und her transportiert, begünstigt heute die weltweite Kommunikationsinfrastruktur das Arbeiten auf externen Anlagen.


Ob eine externe Lösung heute für ein Unternehmen sinnvoll und überhaupt machbar ist, hängt nicht nur von IT-Faktoren ab. Die Daten eines CRM-Systems haben je nach Umsetzungsgrad des Geschäftsmodells eine unterschiedliche Qualität. Wer ein CRM-System betreibt, in dem allein die aktuellen Adressinformationen gespeichert sind, hat vielleicht kein Problem, diese Adressen auf irgendeinem fremden Server zu speichern und dann darauf zuzugreifen. Wer sein CRM-Geschäftsmodell jedoch so weit entwickelt hat, dass er


  • neben den Firmen- und Personendaten auch Projekte etc. im System verwaltet,
  • jegliche Korrespondenz und Dokumente (Brief, Fax, Email, von der Aktennotiz über den Vertrag bis zum Geschäftsbericht im System abspeichert,
  • darin bereits Definitionen für Potenzial und Kundenwert erarbeitet hat,
  • darüber Aktionen im Marketing plant, steuert und überwacht,
  • den Forecast auch über lange Zeiträume ermittelt,
  • Soll- und Istwerte auch im Zusammenhang mit ERP-Daten überwacht und
  • sowohl Strategien und Prozesse darüber abbildet,

 

der muss sich vor der Entscheidung, dies alles auszulagern schon mit der Frage auseinandersetzen, was passiert, wenn


  • Unbefugte (Datenpiraten, Wettbewerb, oder Staat etc.) auf diese Daten zugreifen können,
  • Sie sich entschliessen, wieder ein eigenes CRM System zu betreiben (Daten, Prozesse etc.)
  • der Provider Ihres Systems verkauft wird oder
  • sein Geschäft aufgibt und einfach abschaltet.

 

Dies sind längst nicht die einzigen Gefahren, die dem erwarteten Nutzen vor einer Entscheidung gegenübergestellt werden sollten.


Risiko Abhängigkeit

Natürlich hoffen wir alle und glaubt man nicht wirklich, dass Negatives passiert, aber ist es unmöglich? Waren Sie schon in der Situation, auf einer längeren Geschäftsreise nicht auf Ihre Daten zugreifen zu können, weil Ihr Notebook seinen Geist aufgab oder ein Serverzugriff nicht möglich war? Wenn erst einmal alle Geschäftsprozesse über ein zentral gehostetes System laufen, steht der Laden einfach still. Natürlich kann es auch passieren, dass der eigene Server aussteigt oder einfach kein Strom mehr da ist. Schlimm genug aber dafür meist reparabel.


Es gibt Unternehmen, die schon aufgrund der eigenen Firmen-Policy keine Kundendaten ausserhalb der eigenen Räume speichern wollen oder dürfen. Für die kommt "on demand" aus Prinzip nicht in Frage.


Jeder muss für sich selbst entscheiden, welches Vertrauen er in wen setzt und wie eng er die Kontrolle über seine lebenswichtigen Unternehmensdaten halten will. Ein weiteres Risiko: Im Zeitalter von Mergers & Akquisitions ist kein Unternehmen mehr gross genug, dass es nicht "geschluckt" werden könnte und dann gelten auf einaml andere Regeln. Auch der Aspekt, dass zunehmend durch neue Gesetze und durch richterliche Verfügungen auf Datensuche gegangen wird, ohne dass vorher definiert wurde, was gefunden werden darf, muss aus der eigenen Situatiuon heraus bewertet werden.

Integration nicht selbstverständlich

Auf der technischen Seite ist natürlich genau die Integration in bestehende Systeme mit entscheidend. Ein System, das irgendwo gehostet wird, kann erst einmal nicht auf Ihre Systeme im eigenen Haus zugreifen. Zumindest sollte es so sein. Jetzt kann man dem System jedoch einen Zugang verschaffen oder einfach zwischen den beiden Verarbeitungsstandorten Daten austauschen. Beim Datenaustausch ist die Anforderung an die Aktualität entscheidend. Reicht eine Information einmal am Tag oder einmal in der Stunde. Wie häufig ist der Datenaustausch durchzuführen, wie gross sind die Datenmengen, wie viel Durchsatz hat die Verbindung? Wenn beide Systeme sich dynamisch verbinden, müssen Sie Zugangsrechte und Zugangskennungen (Schlüssel) hinterlegen. Das machen Sie im Urlaub vielleicht auch mit dem Nachbarn so, wenn er Ihre Blumen giessen soll. Ob Sie das mit Ihrem IT-System im Geschäftsumfeld ebenso machen, das müssen Sie selbst entscheiden.



Der Autor: Andreas Goertz ist auf das Thema CRM spezialisierter Berater bei onConcept. Sie erreichen ihn unter ag@onconcept.com. An der kommenden topsoft in Zürich hält Andreas Goertz am 20. September ein Referat zum Thema „CRM Evaluation“.




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